24August
2020

Neues Zuhause

Mühsam versuche ich, meinen Koffer vor mir herzuschieben. “Verdammte Rolle, verdammter Flughafen, verdammter Koffer!“, ärgere ich mich, während ich das schwere Ding über den fünfzehnten Huckel zerre. Bei gefühlten 30 kg ist das ein Ganzkörpertaining.

“Okay, okay, so geht das nicht.“, stelle ich etwas kurzatmig fest. Der Plan war eigentlich, ein Taxi für den Unzug zu bestellen, aber das hat leider nicht funktioniert. Und naiv glaubte ich, es ginge auch mit der Bahn.

“Planänderung, Lena“, denke ich mir, “du brauchst definitiv ein Taxi“. Suchend schaue ich mich um. Mir kommt eine junge Koreanerin im langem Kleid entgegen. Auf Koreanisch versuche ich sie zu fragen, ob sie mir ein Taxi bestellen kann. Anscheinend drücke ich mich sehr kompliziert aus, denn sie zeigt nur mit dem Finger auf die nächste Kreuzung und sagt, ich solle doch ein Taxi mit der Hand herbeiwinken. “Bis zur Kreuzung schaffe ich es niemals!“, denke ich und schaue verzweifelt meinen Koffer an. Während die Koreanerin weitereilt, blicke ich mich suchend nach einem Restaurant um. Ich habe gelesen, dass Restaurants einem manchmal ein Taxi bestellen. Ein Versuch ist es wert.

Das nächstliegende Geschäft ist eine Kleiderboutique. “Egal“, sage ich mir und begrüße die Verkäuferin. Wieder versuche ich zu fragen, ob man mir ein Taxi bestellt kann. Für sie klingt das wahrscheinlich so: “Hallo, ich habe eine Frage. Sprechen Sie Film? Natürlich wollte ich sie fragen, ob sie Englisch spricht, aber die koreanischen Wörter für Film 영화 und Englisch 영어 klingen sehr ähnlich.

Aufgrund ihres verwirrten Gesichtsausdrucks versuche ich es erneut. „Können Sie mir helfen? Ich ... Koffer… so schwer ... Taxi …Telefon?“ Flehend schaue ich sie an, und muss so mitleidig ausgesehen haben, dass sie ihr Telefon zückt und die Taxi-App aufmacht. Das Taxi kommt wenige Minuten später und bringt mich zum Zielort. Bezahlen ist mit meiner Transportkarte wie immer kein Problem.

Mein neues Zuhause ist wirklich schön. Ich teile mir das kleine Apartment mit zwei Mädels. Der kleinen Schuhgröße nach zu urteilen sind es wahrscheinlich Koreanerinnen. Bad, Küche und Essraum teilen wir uns, aber jeder hat sein eigenes Zimmer. Schön ist es hier. Essbereich und Bad sind im Gegensatz zu meiner alten Wohnung wirklich geräumig und mein kleines Zimmer gefällt mir auch. ich entdecke auch keine Spinne. Das Einzige was fehlt, ist ein Schrank. Auf den Fotos war, soweit ich mich erinnere, eigentlich einer zu sehen, aber mit den Bettkästen und der kleinen Kleiderstange geht das auch. Ich richte mich ein und warte gespannt, dass meine Mitbewohnerinnen nach Hause kommen.