05August
2020

Eine kleine Odyssee

05:30 Uhr. Der Wecker klingelt. Während ich mir noch die Haare wasche, quatscht Mama mit Katrin. Der Abschied ist kurz, aber herzlich. Ich genieße die letzte Umarmung von Mama und meine Tante fährt mich nach Tegel zum Flughafen. Ich bin superfroh, nicht die Bahn nehmen zu müssen. Mein Koffer ist schwer. Siebenundzwanzig Kilo, wie sich am Check-In herausstellt. Fünf Kilo schwerer als erlaubt, aber die Damen zuckt nicht mal mit der Wimper. Dafür recherchiert sie aber bestimmt zehn Minuten, ob ich wirklich nach Korea einreisen darf. Nachdem ich dreimal auf mein D-2-6 Visum tippe - nein, es ist kein C-Visum, ja mein Reisepass ist bis 2030 gültig! - darf ich das dann auch und weiter geht’s.

An der Sicherheitskontrolle darf ich dann nochmal warten. Die Bundespolizei muss geholt werden. Sprengstoffalarm. Die Flughafenangestellte beschwert sich, dass nach zehn Minuten immer noch niemand da ist. "Das müsste rucki-zucki gehen.", sagt sie zu einem Kollegen. "Stell dir mal vor, da ist jetzt wirklich ein Sprengsatz drin." "Das sind noch Grünschnäbel“, antwortet der. “Die haben sich bestimmt verlaufen." Ich male mir währenddessen schon aus, wie sie mein mühsam gepacktes Handgepäck auseinandernehmen ... aber nach einem weitereren Sprengstoffabstrich lächeln mich die zwei jungen Männer in Uniform an und wünschen mir eine gute Reise. Glück gehabt!

In München angekommen, geht es zur nächsten Sicherheitskontrolle. Ich überreiche meinen Pass und frage, ob ich meine Bordkante auch zeigen muss. Der Polizist starrt mich mit gerunzelter Stirn an: "Ick bin doch keine Airline", antwortet er. Dazu sage ich nichts. Er schaut auf seinen PC, dann auf mich. "Soso, vor vier Jahren haben sie also ein Fahrrad als vermisst gemeldet." "Öhm... ja", erwidere ich. Das ist wahrscheinlich das Einzige, was in meiner blütenweißen Polizeiakte steht. "Und isses wieder da?", fragt er interessiert. "Bis jetzt noch nicht.", murmle ich. Das scheint ihm genug Smalltalk zu sein, denn er gibt mir meinen Pass zurück und winkt mich durch.

Der Flug ist lang, aber nicht so schlimm wie vorgestellt. So richtig stressig wird es dann am SEOUL-INCHEON-Flughafen. Man muss durch gefühlt fünf Kontrollen! Bei jeder müssen Quarantäneadresse und alle möglichen Informationen angegeben werden. Inzwischen kann ich sogar meine Reisepassnummer auswendig. Problematisch wird es mir einer koreanischen Nummer für den Emergency-Kontakt. Niemand ist wach. Es ist 6 Uhr früh. Panisch schreibe ich jeden einzelnen koreanischen Freund an, den ich kenne und glücklicherweise erreiche ich einen Tandempartner.

9 Uhr. Drei Stunden hat es gedauert, bis ich endlich meinen Koffer habe. Ich entscheide mich für einen Shuttle-Bus statt einem Taxi. Das ist viel billiger. Da der Bus erst um 13 Uhr kommt, muss ich weitere vier Stunden am Flughafen warten. Am liebsten möchte ich nur ins Bett. Aber nix da. Erst muss ich zum Health-Care-Center für einen Corona-Test.

Der Busfahrer spricht nur koreanisch. “Mann, bin ich glücklich über meine koreanischen Grundkenntnisse“, denke ich. Während der Fahrt fallen mir immer wieder die Augen zu. Auch der Corona-Test findet komplett auf Koreanisch statt. Dafür bekomme ich aber einen Zettel in englischer Sprache in die Hand gedrückt mit allen wichtigen Informationen. Zu meiner Quarantänewohnung fährt mich dann ein Mitarbeiter. Richtig nett! Während wir durch die Stadt fahren, fange ich an zu realisieren “Ich bin wirklich in Korea!“.